Friedrich Dönhoff
Mister Helmuts Schule
Biographie. Rowohlt, 238 Seiten. 9.90 EUR . ISBN: 349961992X
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Wer einmal an der Grenze zum Tod gestanden hat, der wird sich überlegen, ob er sein Leben so weiterführen möchte wie bisher. Oder ob er es ändert. So ist es auch dem deutschen Industriemanager Helmut Bleks ergangen, der Ende der 60er Jahre – auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Karriere – mit 49 Jahren einen schweren Herzinfarkt erleidet. Nach seiner Genesung versucht er zunächst sein altes Leben wieder in den Griff zu bekommen und dort einzusteigen, wo er aufgehört hat. Doch schnell muss Bleks erkennen, dass es nicht mehr geht, dass es kein Zurück mehr gibt. Er muss ein neues Lebensziel finden.
Und er findet es. Anfang der 70er Jahre, in Windhuk. Bleks und seine Frau Traudel siedeln von Deutschland nach Namibia um, zwei ihrer vier Kinder gehen mit, die beiden Töchter sind bereits erwachsen, gehen eigene Wege. Nun ist Helmut Bleks, der sich in seinen Managerjahren vor allen Dingen um den Aufbau von Industriebetrieben im Ruhrgebiet kümmert, mit einem Mal Rinderzüchter! Doch bald erkennt Bleks, dass es in seiner neuen Heimat auch Probleme gibt. So sieht er beispielsweise, dass die Kinder seiner Farmarbeiter keine Möglichkeit auf Schulbildung haben. Und Bleks, ein Mann der Aktion, organisiert kurzerhand Unterricht für sie. Das spricht sich schnell herum – und immer mehr Kinder, teilweise aus sehr entlegenen Gebieten des Landes, kommen auf die Bleksche Farm. Hier entsteht nach und nach und über Jahre hinweg ein eigenes Schuldorf, Baumgartsbrunn genannt.
Bleks gibt die Rinderzucht bald wieder auf und widmet sich nun mit seiner ganzen Kraft dem Aufbau seiner Schule. Lehrer werden angestellt, und natürlich müssen Gelder aufgetrieben werden, denn viele Kinder leben inzwischen auf der Farm, von ihren Familien getrennt und müssen versorgt werden. Das kostet Geld.
In Deutschland wird eine Stiftung gegründet und viele Förderer unterstützen die Arbeit der Baumgartsbrunn-Schule in Namibia, unter anderem auch das Schiller-Gymnasium in Münster. Über die Jahrzehnte hinweg berichtet Helmut Bleks in Deutschland immer wieder über sein Projekt in Vorträgen und sammelt auch auf diese Weise Spendengelder ein. So kann er den Betrieb über die vielen Jahre aufrechterhalten.
Bleks und seiner Frau aber gelingt noch mehr. Sie schaffen es nicht nur, eine schulische Grundausbildung zu etablieren, sondern richten später auch Ausbildungsgänge ein, so dass die jungen Menschen nach der Schule einen Beruf erlernen können. Ein einzigartiges Projekt, das Helmut Bleks auf die Beine gestellt hat.
Friedrich Dönhoff, der Autor dieser 238 Seiten starken Biografie, hat Helmut Bleks durch seine Großtante, Marion Gräfin Dönhoff, die lange Jahre Herausgeberin der ZEIT war, kennen gelernt. Im Dezember 2004 reiste Friedrich Dönhoff, der in Hamburg geboren wurde, aber in Nairobi/Kenia aufwuchs, nach Namibia, um ein Interview mit Helmut Bleks und seiner Frau Traudel zu führen. Die beiden gewährten dem Journalisten Einblicke in ihr „zweites Lebens“, das sie nun bereits seit mehr als 30 Jahren weit weg von ihren einstigen Wurzeln führen.
Das Buch erzählt nicht chronologisch über das Leben von Helmut Bleks, der in Ostpreußen geboren wurde, sondern beginnt erst in der Nachkriegszeit. Später aber, etwa im letzten Drittel des Buches, erfährt der Leser mehr über die Jugendzeit von Helmut Bleks, über seine Zeit in der Gefangenschaft und sein Wiedersehen mit seiner Frau Traudel, das auf der Nordseeinsel Norderney stattfinden, wo die beiden jungen Eheleute nach dem Krieg kurze Zeit gelebt haben.
Übrigens: Im Juni 2005 sicherte Helmut Bleks, der inzwischen über 80 Jahre alt ist, den Fortbestand seiner Internatsschule, indem er die Verwaltung dem Staat Namibia überträgt.
Martina Meier
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