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Wieder eine Katastrophe am Everest, dem höchsten Gipfel
Handlung
Josie, die junge englische Journalistin, und der sportliche Medienmogul Sebastian Turner sind ein Paar wie aus dem Bilderbuch: jung, gut aussehend und beruflich erfolgreich. Außerdem lieben sie einander sehr. Er hat einen Privatsender aufgebaut, und sie ist seine Star-Moderatorin. Alles scheint bestens zu laufen. Da setzt sich Sebastian in den Kopf, als erster Amerikaner – nur ein Japaner hat das vor ihm geschafft – per Gleitschirm vom Gipfel des Mt. Everest zu schweben. Um die Einschaltquoten des Senders hochzutreiben, soll Josie über den Gipfelsturm und das Wagnis berichten.
Doch am Tag der letzten Austiegsetappe kommt am Gipfelgrat ein ungewöhnlich plötzlicher und heftiger Sturm auf und selbst der erfahrenste Bergführer hat keine Chance, rechtzeitig für Rettung zu sorgen: Fassungslos erfährt Josie vor laufender Kamera, dass ihr Ehemann und sein Bergführer Rick Fielding vermisst werden. Eine Rettung kommt leider nicht mehr in Frage, denn die Schneesturmsaison ist bereits angebrochen. Die gefrorenen Leichen der Bergsteiger bleiben auf dem Berg.
Auf einer Gedenkfeier ein paar Wochen später lernt die am Boden zerstörte Josie, die sich mit Selbstmordgedanken trägt, den Alaskaner Hal Maher kennen, den sie im Norden den Lawinenmann nennen, weil er in einer dramatischen Situation nicht nur eine Lawinenkatastrophe richtig vorausgesagt, sondern auch selbst bedrohte Siedler gerettet hat. Bei jener Aktion war seine geliebte Rachel verletzt worden. Auch Hal ist also ein Mann mit inneren Verwundungen.
Hal ist ein enger Freund Ricks gewesen. Obwohl er bei einer von ihm geführten Everestexpedition nur knapp dem Tod entging und sich schwor, nie wieder zahlende Kunden auf den Everest zu lotsen, willigt er schließlich doch ein, Josie auf den Berg zu führen. Denn Ricks Witwe wird von geretteten Opfern verklagt, und er sieht die Chance, Beweise für Ricks Unschuld zu beschaffen, wenn er Ricks Leiche sucht. Josie erfleht von ihm die Gelegenheit, auf dem Berg Sebastians Tod zu verarbeiten, um so wieder auf die Beine zu kommen. So kann man sich täuschen.
Sie begeht zudem den verhängnisvollen Fehler, live von ihrer Gipfelbesteigung für ihren Sender berichten zu wollen, um die fallenden Quoten zu steigern. Die Dreharbeiten fordern wertvolle Stunden, die Hal und Josie beim Abstieg fehlen. Ein eisiger Sturm kommt auf, der Sauerstoff geht aus und obendrei taucht ein verrückt gewordener Ukrainer auf, der unbedingt ein Gipfelfoto ergattern will. Diese Kombination von unvorhergesehenen Umständen kostet Josie und Hal beinahe beide das Leben.
Die letzten 100 Seiten gehören zum Spannendsten, was ich an Everestliteratur gelesen habe und können leicht mit Krakauers dokumentarischem Bericht "In eisige Höhen" aufnehmen. Ich fand Dickinson sogar dramaturgisch besser aufgebaut, so dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Fazit
Bei solchen Büchern kommt es stets darauf an, wer der Autor ist. Er muss Detailkenntnis und Glaubwürdigkeit vereinigen. Matt Dickinson, in England ein bekannter TV-Journalist, ist selbst ein Everestbezwinger, der 1996 in der Krakauer-Saison am Berg war. Sein Buch über die Everest-Besteigung, "Death Zone" (Todeszone), war in den USA und England ein Bestseller. Sollte es auf Deutsch erscheinen, werde ich auf jeden Fall zugreifen.
Die fünf Manuskriptfassungen für diesen Roman haben sich auf jeden Fall gelohnt. Das Ergebnis der jahrelangen Arbeit ist ein ansprechender Roman mit glaubwürd igen Charakteren, die so existiert haben könnten. Die Handlung vereint Sachkenntnis mit menschlichem Drama, Action wechselt sich mit psychologischen Vorgängen und Wandlungen ab.
Erst die menschliche Dimension lässt die Lektüre zum packenden Erlebnis werden. Denn viel zu oft schon ist der Bergliebhaber mit Berichten über die Everestbesteigung und ihre Schrecken zugeschüttet worden, so dass wir zwar alle die Fakten kennen, aber nicht das schreckliche Gefühl, auf dem Berg in eine Katastrophe zu geraten. Wer weiß schon, wie es sich anfühlt, wenn einem die Zehen und Finger erfrieren, wenn man sich Lunge aus dem Leib husten möchte oder man schneeblind wird wie Josie? Wer weiß, wie es ist, zwei Nächte in einem Schneesturm in der Todeszone zu verbringen – wie Hal? Dickinson schafft die Vermittlung dieses Gefühls. Dafür muss man in Kauf nehmen, dass seine Erzählung an "langsamen Stellen" mit viel statischer Emotion etwas unbeholfen daherkommt. Aber das nimmt man gerne in Kauf, denn er entschädigt dafür mit grandiosen Szenen.
Michael Matzer © 2001ff
Info: High risk, 2000; Goldmann 2001, Nr. 41659, München; 444 Seiten, DM 20,00, aus dem Englischen übertragen von Ulrike Röska
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Danke.
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