Philip K. Dick

Mozart für Marsianer

SF. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M.. ISBN: 3-518-37273-4

Philip K.  Dick: Mozart für Marsianer

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Ewiger Kampf um Menschlichkeit

Ein Mars-Roman der eher ungewöhnlichen Sorte ist "Mozart für Marsianer" von 1964. Anders als Robert Heinlein ("Der rote Planet", 1949), Ray Bradbury ("Die Mars-Chroniken") oder gar Edgar Rice Burroughs ("Eine Marsprinzessin") findet hier keine Revolution statt oder irgendwelchen heroischen Abenteuer. Doch es gibt Begegnungen mit mysteriösen Ureinwohnern, wie in den genannten Romanen.

Handlung

Zunächst zeichnet Dick das realistische, ungeschönte Bild einer Kolonie, die vom harten Pionierleben gezeichnet ist. Es gibt viele erinnerungswürdige Charaktere im Buch, aber keinen davon könnte man direkt als Helden oder Schurken hervorheben. Die sympathischste Gestalt ist vielleicht Jack Bohlen, ein Reparaturmechaniker für alles. Er sorgt sich, daß seine einst kurierte Schiziphrenie wiederkehren könnte, und wurschtelt sich so durch.

Der am wenigsten sympathische Typ des Romans ist Arniee Kott, der korrpte Gewerkschaftsboß, der die Bleekmen, die Ureinwohner, als "Nigger" tituliert. Ebenso wie in Australien, so auch auf dem Mars: Ein Landgeschäft, um das sich die Handlung dreht, soll ein Stück Wildnis, das den Ureinwohnern heilig ist, zum Grundstück für ein Wohnungsbauprojekt machen, auf dem weitere Kolonisten angesiedelt werden können. Bohlens Vater von der Erde will mit diesem Deal reich werden, doch Kott erhält Wind davon.

Kott und Bohlen haben beide mit einem zehn Jahre alten autistischen Jungen, Manfred, zu tun, dessen Vater zu Beginn des Romans Selbstmord begangen hat. Es ist möglich, daß er - aufgrund eines beschleunigten zeitempfindens - in der Lage ist, in die Zukunft zu sehen, was dazu führte, daß eine Vision seines eigenen Todes ihn autistisch werden ließ. Wie sich herausstellt, sind nur die Bleekman in der Lage, ihn zu heilen. Das Pionierleben ist nicht der amerikanische Traum, sondern ein Alptraum.

Kott will Manfreds Talent ausbeuten, die Zukunft vorherzusehen und läßt eine Vorrichtung bauen, die das Zeitempfinden anderer Menschen dem von Manfred angleicht. Die Zeitverschiebung des Originaltitels setzt ein. Auch der Kontakt mit Manfred und einem Roboter läßt die Schizophrenie in Jack Bohlen erneut ausbrechen - eindrucksvoll geschildert.

Kott sucht die Konfrontation mit den Bleekmen in den Bergen, gerät in die Zeitverschiebung und verfällt schier dem Wahnsinn. Sich in einem Paralleluniversum wähnend, wird er von einem Schuß tödlich getroffen, den ein Helferhelfer Steiners abgefeuert hat (Steiner war im Schwarzmarkt Kotts Konkurrent). Jack Bohlen steht daneben und wird verschont, um Kott trauernd. Er trägt die Leiche zurück in die Siedlung, wohingegen Manfred verschwunden ist. Das Leben geht weiter. Es geht immer weiter, ohne Heldentaten, ohne Siege, ein fortwährendes Ringen um Menschlichkeit.

Die psychische Landschaft ist nicht gerade erbaulich, aber dennoch handelt es sich bei "Martian Time-Slip" um einen humorvollen, stellenweise sogar vergnüglichen Roman. Ein Psychiater, den Kott beleidigte, will sich an ihm rächen und versichert sich zuvor, daß er charakterlich reif genugt - in Freudschen Begriffen. Die Figuren analysieren sich ständig selbst, was sie aber nicht vor allerlei Zufällen bewahrt.

Fazit

Wie schon Stanislaw Lem sagte: "Dick pflegt die Handlung mit einer klar präzise verfaßten Lage zu eröffnen, und erst in ihrem weiteren Verlauf beginnt ein den Leser stutzig machender Zerfall die anfängliche Ordnung zu unterwühlen, so daß das Romanende zu einem einzigen Knäuel von Phantasmen wird. Traum- und Wachzustand verwachsen ineinander, die Realität wird ununterscheidbar von der Halluzination..." Doch wie Jack Bohlen zu sagen pfelgt: "Ich bin alles, was ich habe." Und so kämpft er weiter, gegen Material- und Moralausfälle. Er ist nicht mehr auf die Änderung des Systems bedacht, sondern auf eine Definition seiner eigenen moralischen Verantwortung - eine Politik der kleinen Schritte.

Mit diesem Roman, der 1962 abschloß, fand Dick zu seinen tiefsten Ängsten (vor Schizophrenie und anderem) und seine eigene unverwechselbare Stimme: zu einem Stil wie der einer griechischen Tragödie.

Michael Matzer / michael@matzer.de © 1999ff

Info: Martian Time-Slip, 1964; 301 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Renate Laux






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