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Der Italiener Andrea De Carlo legt ein starkes Stück zeitgemäßer Prosa der Selbstfindung vor
Es beginnt mit einem furios beschriebenen Reitunfall, der den Reiterhofbetreiber Luca schlagartig und buchstäblich wachrüttelt und sein eingefahrenes abgestumpftes und freudloses Leben und Lieben in Frage stellen lässt:
Hin und wieder fiel mir ein Punkt in meinem Leben ein, der mir nicht ganz so trostlos erschien; wenn ich dann aber an das Kurz-Zuvor und an das Kurz-Danach dachte, lag das Während so isoliert auf der weiten Fläche negativer oder neutraler Empfindungen, daß sich der Überquerungsversuch nicht lohnte.
In den ersten Kapiteln ergötzt man sich gerne an der schnörkellosen Schilderung seines ganzen Alltags-Elends, aber als es dann tatsächlich zu einer folgenreichen Begegnung mit einer faszinierenden Frau kommt - scheinbare Verkörperung eines anderen echten wahrhaftigen Lebens - da droht die heraufbeschworene Assoziation des Klappentextes sich doch zu bewahrheiten. Aber - versprochen ist versprochen - diese Befürchtung verflüchtigt sich schnell wieder.
Denn De Carlo schafft das Kunststück, das nur wenigen gelingt: Selbstzweifel und Selbstreflexion packend, kunstvoll und zugleich lebensnah in eine Geschichte einzuflechten. Er schafft es, weil er nicht einfach ein kluger feinsinniger Geist ist, sondern in erster Linie ein höchst wachsamer Beobachter äußerer Geschehnisse und innerer Empfindungen. Weil er es versteht, mit klaren und zugleich differenzierten Sätzen vertraute innere Prozesse aus dem Unbestimmten ins Bewusstsein zu hieven und ihnen dadurch Gewicht zu geben.
Ich glaubte eine leichte Verschwommenheit in meinen Zügen zu bemerken, als seien sie es leid, sie selbst zu sein, und wüßten noch nicht recht, welche Form sie annehmen sollten.
De Carlo ist sozusagen schreibender Fotograf. Mit nicht nachlassender Gier saugt er Sinneseindrücke auf, spiegelt sie mit inneren Empfindungen und persönlichen Erfahrungen, und setzt seine filmische Wahrnehmung in präzise sinnliche Bilder und Beschreibungen um. Zudem verfügt er über ein ausgeprägtes rhythmisches Feeling. Seine Gabe, aus der scharfen Beobachtung alltäglicher Begebenheiten und Gesten atmosphärische Stimmungsbilder zu entwerfen, ist aus seinen früheren Büchern bekannt. In seinem neuen Roman kommen poetische Momente und eine sprachliche Experimentierlust hinzu, wie sie so in seinem bisherigen Werk noch nicht zu finden waren. All dies kommt nicht von ungefähr: Denn De Carlo arbeitete in der Vergangenheit sowohl als Fotograf als auch beim Film (u.a. mit Fellini und Antonioni), unternahm viele Reisen und Auslandsaufenthalte und spielt bis heute nebenbei noch Gitarre.
Die von De Carlo beschriebenen Selbstreflexionen sind wohltuend alltagsverbunden und aufhellend: Sie begnügen sich nicht damit, im eigenen Saft zu schmoren, sich im Kreise zu drehen und die Ausweglosigkeit zu beklagen. Vielmehr führen sie aus all dem Strudel von Versuchungen und Verheißungen, Erkenntnissen, Widersprüchlichkeiten, Gewissheiten und vermeintlichen Gewissheiten zwingend in die Unausweichlichkeit, Entscheidungen treffen zu müssen; Entscheidungen über den weiteren einzuschlagenden Weg.
Wie schon der Buchtitel lässt auch die nur wenige Tage dauernde Zeitspanne des erzählten Geschehens ahnen, dass der Fokus in diesem Roman mehr auf Impressionen und Momentaufnahmen innerer Befindlichkeiten als auf grobe Handlungslinien gelegt wird. Aber das nicht auf Kosten von Drive und Spannung. Nein, man brennt bis zum Ende darauf zu erfahren, welchen Weg Luca einschlagen wird. Und es ist ein adäquates Ende, dem Titel, dem Buch angemessen.
Textauszug:
Vielleicht dachte ich, ist das, was ich Leichtigkeit nannte, eine Form egoistischer Oberflächlichkeit und das, was ich als Last betrachtete, der wahre Gehalt der Dinge... Ich dachte, daß es vielleicht an der Zeit war, nicht länger dem Neuen und Überraschenden nachzujagen, sondern innezuhalten und hinzunehmen und aufzubauen, aus der flüchtigen und unzuverlässigen Vorläufigkeit des Jetzt hinauszutreten und mit festen Schritten auf das Morgen zuzugehen.
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Danke.
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