Robert Clark

Das Verbrechen des Mr

Krimi; Roman. Goldmann, 382 Seiten. 18.00 DM . ISBN: 3-442-72759-6

Robert  Clark: Das Verbrechen des Mr

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Dass Kriminalliteratur durchaus eine geeignete Gattung ist, um auch die ganz großen Fragen zu behandeln, beweist Robert Clark mit seinem grandiosen Roman "Das Verbrechen des Mr. White". Clarks Roman ist eine poetische Abhandlung über Schuld und Sühne, über Wahrheit und Lüge und nicht zuletzt über die Frage: Wer oder was sind wir eigentlich ohne unsere Erinnerung?

Herbst 1939. Die Deutschen sind in Polen einmarschiert, in New York findet die Weltausstellung statt und in einer Kleinstadt in Minnesota wird eine junge Tänzerin ermordet. Die Ermittlungen leitet der Police Lieutenant Wesley Horner - ein gebrochener Mann, seit seine Tochter vor fünf Jahren verschwand und kurze Zeit später seine Frau an Krebs verstarb.
Horners Ermittlungen führen ihn zu Herbert White, einen Stammgast des Tanzlokals Aragon, in dem das ermordete Mädchen gearbeitet hatte:

"Als Wesley Horner zusammen mit seinem Kollegen in der Nähe von Seven Corners im White Castle einkehrte, sah er den Mann zum ersten Mal. Der rundliche und glatzköpfige Mann saß wie ein Ei im Becher an der Theke und aß hintereinander drei Hamburger, nachdem er jedes Mal die Gurkenscheiben säuberlich entfernt und auf den Unterteller seiner Kaffeetasse gelegt hatte. Er aß langsam, fast schon genießerisch. Die Hände waren wulstig, aber dennoch wohlgeformt. Nachdem er den letzten Hamburger verzehrt hatte, trank er noch seinen Kaffee aus und griff nach dem steifen Hut, den er auf der Theke abgelegt hatte. Er stand auf, wobei er mit einer vehementen Bewegung aufwärts wippte wie ein Wrackteil auf der Meeresoberfläche, nickte der Kellnerin zu, legte einen Vierteldollar hin und verzichtete schüchtern winkend auf sein Wechselgeld. Er packte seine Einkäufe zusammen - eine Tüte, die aus einem Buch- und Schreibwarenladen in St. Paul stammte, und einen flachen, rechteckigen, kodakgelben Karton - und schlurfte zur Tür, wobei er den Eindruck machte, als bestünde er aus zwei nicht aufeinander abgestimmten Hälften. Er bewegte sich wie ein Eselskarren mit ungleichen Rädern."

Die Vernehmung Herbert Whites bringt den Polizisten Horner nicht weiter: White gibt vor, unter einer seltenen Form des Gedächtnisschwunds zu leiden: Klar erinnere er sich an das, was eben geschah, und an Ereignisse, die länger als ein Jahr zurückliegen. Die Zeit dazwischen allerdings ist ein einziger grauer Nebel. Mr. White ist sich nicht mal sicher, ob er das getötete Mädchen kannte. Er beteuert aber immer wieder, er könne sich nicht vorstellen kann, zu einer derartigen Tat fähig zu sein.
Der sanftmütige Koloss, der in seiner naiv-freundlichen Offenheit vielleicht ein wenig an Forrest Gump erinnert, schreibt Fanbriefe an das Hollywood Starlet Veronica Galvin ("Seien Sie meiner bewundernden und besten Grüße versichtert") und trifft sich gerne privat mit den Mädchen des Aragons, um sie zu fotografieren. Um den Tücken seines Gedächtnisses zu entgehen, sammelt Herbert White Zeitungsartikel und klebt diese sorgfältig in Alben ein. Und Mr. White ist ein geflissentlicher Tagebuchschreiber, der mit den Eintragungen gegen sein Vergessen kämpft.

Als wenig später eine zweite Tänzerin aus dem Aragon ermordet wird, scheinen auch für den Polizisten Wesley Horner alle Fakten gegen Herbert White zu sprechen: White hatte die Ermordete zweifelsfrei gut gekannt, wurde in der unmittelbaren Nähe des Tatortes gesehen, und hatte selbst in sein Tagebuch eingetragen, er "habe Schönheit in Schande verwandelt". Alle Zweifel an Whites Schuld scheinen endgültig ausgeräumt, als es einem Kollegen Horners gelingt, White zu einem Geständnis zu bewegen (der Originaltitel lautet "Mr. Whites Confession").

Robert Clark, so war zu lesen, ist 1997 zum Katholizismus konvertiert. Nun ist "Das Verbrechen des Mr. White" alles andere als ein religiöser Erbauungstext. Clarks Roman ist weit jenseits aller Formelhaftigkeit, die vielen Werken des Genres zu eigen sind, und dadurch dringt er in die tieferen Gehirnschichten seiner Leser ein. Clark erzählt die Geschichte auf zwei Ebenen: Als neutraler Erzähler beschreibt Clark das Geschehen von außen, und wir schauen dem Polizisten Wesley Horner über die Schulter. In den Tagebucheintragungen Herbert Whites hat der Leser einen unmittelbaren Blick von innen. Aber wie authentisch sind die Notizen des Mr. White? Verbirgt sich in dem gutmütigem Riesen doch ein Monster?
Eine wunderschöne Geschichte, die einem das Herz zudrückt.






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