Alex Capus

Fast ein bißchen Frühling.

Roman. Residenz Verlag, 175 Seiten. 17.90 EUR . ISBN: 3-701-71286-7

Luftig leicht in tiefe Tragik Glänzend erzählte, authentische Bankräuberstory aus den frühen Dreißig
Alex  Capus: Fast ein bißchen Frühling.

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Und meint's das Schicksal gut / Dann bin ich frohgemut / Und meint's das Schicksal schlecht / Denk ich erst recht / In Deinen Händen ruh ich von allem aus / In Deinen Händen bin ich ganz zuhaus.

Kurt Sandweg und Waldemar Velte mögen Tango-Musik. Jeden Tag kommen die beiden in die Plattenabteilung des Kaufhauses Globus in Basel und bestellen eine Platte, um sie am nächsten Tag abzuholen und die nächste zu bestellen. Natürlich ist es nicht nur die Musik, die sie Tag für Tag in die Plattenabteilung des Kaufhaus Globus treibt. Es ist vor allem die Verkäuferin Dorly. Und Dorly ihrerseits, seit sechs Jahren geschieden und auf Abstand zu Männern bedacht, beginnt die beiden Deutschen ebenfalls zu mögen: den Draufgänger und Charmeur Sandweg, und den kleineren Velte, ernsthaft und verschwiegen. Ihr anfängliches Befremden über das seltsame Auftreten der beiden verfliegt schnell, und bereitwillig nimmt sie den Vorschlag ein, sich auch außergeschäftlich am Abend zu treffen. Freilich alles im platonischen Rahmen, wozu sie als Sicherheit auch Kollegin Marie mit in die Runde aufnimmt. Und so wird auch dies schließlich zur täglichen Gewohnheit: unverfängliche abendliche Spaziergänge am Rheinufer.

Es fällt nicht schwer, Dorly's Sympathie für diese etwas skurrrilen, aber dem Leben zugewandten und grundehrlich erscheinenden Herren zu teilen. Gerne möchte man vergessen, was man - im Gegensatz zu Dorly und Marie - zu Beginn erfahren hat: Um sich das nötige Reisegeld für die Flucht aus Nazideutschland zu besorgen, haben die beiden arbeitslosen Ingenieure erst kurz zuvor einen Bankraub verübt und dabei, zwar ungeplant aber ohne lang zu fackeln, den Kassierer zur Strecke gebracht. Man kann es aber nicht vergessen, denn sie lassen weitere Taten dieser Art folgen. Und die beiden selbst können es auch nicht vergessen - selbst wenn sie zwischenzeitlich "fast ein bisschen Frühling" erleben - denn die Verfolger rücken ihnen unerbittlich auf die Pelle.

Capus' Roman beruht auf einer wahren Geschichte und ist - schenkt man den Angaben des Verlags auf dem Buchdeckel Glauben, was wir gerne tun wollen - überaus akribisch recherchiert. Es ist mehr als eine beeindruckendes Zeugnis der möglichen Gleichzeitigkeit von Aufrichtigkeit und Kaltblütigkeit, des Neben- und Ineinanders von Lebenshunger, Zerstörung und Selbstzerstörung. Es geht um bestialische Taten zweier Glückssucher zu Zeiten, als die Bestie gesellschaftsfähig gemacht wurde. Als jeder Hauch von Freiheitsdrang im Keim erstickt wurde. Aus ihrem Hass gegen das Nazi-Regime und ihrer Abscheu gegen das wachsende Anpasser- und Mitläufertum machen weder Capus noch die beiden einen Hehl. Ihr Tun wird deswegen nicht beschönigt, aber Ursachen, Motive und Taten werden in einen (möglichen) Zusammenhang gebracht.

Der kleine Roman von Alex Capus trägt den Freiheitsgeist eines Road Movie, auch wenn er eher stationär konzipiert, da stark in Basel verankert ist. Capus' Stil ist nüchtern, fast protokollarisch und dennoch nimmt man als Leser sehr unmittelbar am Handeln und Fühlen der Figuren teil. Er haucht ihnen Leben ein, und man wird von dieser urtümlichen Lebendigkeit angesteckt. Es ist eine besondere Leichtigkeit, die dieses Buch durchzieht und einen mühelos die 170 Seiten in einem Zug lesen lässt. Fast nebenbei bettet Capus das Geschehen in den politischen Kontext der frühen Dreißiger Jahre; erst gegen Ende tritt dieser Bezug in verschiedenen zitierten (politisch motivierten) Presse-Reaktionen auf die Verbrechen explizit und direkt zutage.
"Fast ein bißchen Frühling" ist eine rundweg lohnende Lektüre.

Textauszug:
Marie weiß nicht wie ihr geschieht. So einen Spaziergang hat sie noch nie erlebt. Dieser Deutsche führt sie ganz selbstverständlich durch die Nacht, und gleichzeitig scheint er immer im voraus zu wissen, ob sie nach links oder rechts abbiegen will oder stehen bleiben will... Und reden kann der. Gelegentlich setzen sie sich auf eine vereiste Bank, um zu verschnaufen. Dann holen Waldemar und Dorly sie ein und setzen sich zu ihnen. Es ist kalt und spät, der Wind beißt, die Füße schmerzen. Die Fenster der Bürgerhäuser erlöschen eins ums andere.






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