Tania Blixen
Babettes Fest
Klassiker. Manesse, 84 Seiten. 9.90 EUR . ISBN: 3-7175-4034-3
Ein kleines Meisterwerk
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Martine und Philippa, Töchter eines Propstes, der eine kleine protestantische Sekte gegründet hatte, führen seit langem ein gottgefälliges Leben ohne jeden Höhepunkt. Ihr Vater ist längst verstorben, beide haben so etwas wie Romanzen erlebt und sich dann damit abgefunden, unverheiratet zu bleiben. Ein berühmter französischer Sänger, den es zufällig in die Einsamkeit der norwegischen Fjorde verschlagen hatte, war ganz verzaubert gewesen vom reinen Klang von Philippas Stimme. Doch Philippa verwirrte die Möglichkeit einer Sangeskarriere, einer Liebesaffäre und die Aussicht, das verträumte Berlevaag zu verlassen, so sehr, dass sie jeglichen Mut verlor. Überstürzt reiste der Sänger ab.
15 Jahre später sollte er noch einmal das inzwischen vollkommen zum Stillstand gekommene Leben der Schwestern durcheinander bringen. Eines Tages im Juni 1871 steht eine wildfremde Frau vor ihrem Haus und reicht ihnen einen Brief in französischer Sprache, in dem der Sänger mitteilt, dass es sich bei der Überbringerin der Botschaft um Babette Hersant handele, eine Köchin, die während der Pariser Kommune auf den Barrikaden gekämpft und durch die Rache der Sieger Mann, Sohn und Heimat verloren habe. Trotz starker Bedenken gewähren die Schwestern der Frau Obdach. Als Dienerin kümmert sich Babette nun um den auf jegliche Genüsse und Extravaganzen verzichtenden pietistischen Haushalt Martines und Philippas.
Nichts geschieht, bis Babette in der französischen Lotterie 10.000 Francs gewinnt. Alle erwarten, dass sie die Gelegenheit nutzt, um in ihre Heimat zurück zu kehren. Doch Babette hat einen ungewöhnlichen Wunsch. Sie möchte ein Fest veranstalten, zu dem sie bald umfangreiche Vorbereitungen trifft. Und so tischt die Französin den verblüfften norwegischen Dörflern Speisen auf und kredenzt ihnen Getränke, von denen sie zuvor nie gehört haben. Die Festgesellschaft erlebt einen Rausch der Sinne; sogar alte Feindschaften lösen sich im Nichts auf. Und Babette bleibt, denn womit hätte sie die Reise bezahlen sollen, hat doch das Festmahl so viel gekostet wie sie gewonnen hatte.
Neben Tania Blixens wohl bekanntestem Werk „Jenseits von Afrika“, das 1985 unter der Regie von Sydney Pollack auch in die Annalen der Filmgeschichte einging, beweist auch die Erzählung „Babettes Fest“ das große schriftstellerische Können der „Scheherezade des Nordens“, wie sie sich selbst gerne nannte. In einer wunderschönen, einfachen poetischen Sprache zeigt sie, wie Babette, eine Künstlerin ihres Fachs, für eine kurze Zeit die selbst gewählte Isolation der pietistischen Gemeinde durchbricht und die Menschen in eine andere Welt entführt und verzaubert.
Dietmar Adam
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