Marcelo Birmajer

Geschichten von verheirateten Männern

Kurzprosa. Piper Verlag, 279 Seiten. 14.00 EUR . ISBN: 3-492-27036-0

Und ewig lockt das Weib
Marcelo  Birmajer: Geschichten von verheirateten Männern

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Wahrlich, eine schöne Entdeckung: Marcelo Birmajer, in Lateinamerika bereits durch Kinder- und Drehbücher in Erscheinung getreten und als Shooting Star gefeiert, und nun mit den "Geschichten von verheirateten Männern" erstmals auf Deutsch erschienen.
Viel Fantasie bedarf es nicht, um die Anspielung im Titel richtig zu verstehen. Verlockungen, Untreue, Seitensprünge bilden das fruchtbare Feld für Birmajers Erzählungen. Aber keine Sorge, er langweilt uns nicht mit schwelgenden Romanzen oder mit rührigen Tragödien. Sicher, die Macht weiblicher Reize steht außer Frage, nicht selten beginnen die Charakterisierungen der Frauen mit der Beschreibung ihres Hinterns - tja, welcher Erdenmensch, Erdenmann wie Erdenfrau, wird schon ernsthaft die Existenz dieser Wahrnehmungsfilter leugnen - und schon Namensgebungen wie Inés Larraqui oder Mariana Develop versprühen reichlich verführerische Funken. Aber damit ist der Körperlichkeit auch schon fast Genüge getan, Freunde von literarischen Ergüssen über ausschweifende Liebesabenteuer kommen nicht auf ihre Kosten. Wir werden in keine Lasterhöhlen eingelassen (allenfalls mit einem kurzen Blick durchs Schlüsselloch), sondern erfahren davon nur mittelbar und in wenigen Worten komprimiert.

Wiewohl also der gute alte Eros für alle erzählten Schicksale den Nährboden bildet, legt Birmajer weniger Wert auf die Schilderung der Triebfeder selbst. Ihn interessieren die Begleiterscheinungen und die Folgen, ihn interessiert, wie die Macht dieser archaischen Kräfte Menschen aus der Bahn wirft.
Durch alle Geschichten zieht sich als roter Faden die Unmöglichkeit von bleibendem Glück, überhaupt von bleibender Ver-Bindung. Von Liebe ist ohnehin kaum die Rede, eher spricht aus allem die Unausweichlichkeit von Katastrophen. Es sind auch bei Birmajer Katastrophen, aber er nimmt ihnen viel von ihrem Katastrophengehalt, von ihrer oft zerstörerisch erscheinenden Wirkung, er mildert sie ab. Stellt sie gleichberechtigt neben die Modelle von Dauerhaftigkeit, nimmt sie hin als das was sie sind: vorhanden, dem Menschen eingegeben.

Birmajers Kunst besteht darin, diese Grundthemen in höchst abwechslungs- und einfallsreiche Variationen zu kleiden: Ob er dabei selbstironisch über die Zunft der Freien Mitarbeiter frotzelt (Er noddete mit dem Kopf), ob er einen Reporter in die ländliche Provinz schickt, weil dort ein ganzes Dorf ein UFO landen gesehen habe will (Hoch hinaus), ob er den notorischen Fremdgeher Professor Lurek eine Tinktur erfinden lässt, mit der sich Karies ohne zahnärztlichen Eingriff behandeln lässt (Eloísa wusste es), oder gleichnishaft Marsmenschen auftreten lässt (Daher rührt all euer Unheil) oder ob er lakonisch die trostlose trunkene Atmosphäre des Ausgeschlossenseins auf einem Fest (Am Ende des Fests) beschreibt. Am stärksten vielleicht die letzte Erzählung Wünschen Sie eine weitere Transaktion von einem Fernsehmechaniker, der seinen Sohn durch Unfall verloren hat, über seine Sehnsucht das Geschehene rückgängig zu machen und über die geheimnisvolle Macht von Geldautomaten.

Die Souveränität und der untergründige Witz seiner Sprache, die federleichte Einbindung reflektierender Elemente und vor allem auch die Verneigung vor der Weiblichkeit erinnert an frühe Bücher von Milan Kundera. Marcel Birmajer erzählt gehaltvolle unsentimentale Geschichten, und er tut dies auf sehr erfrischende originelle Weise.


Textauszüge:

Ihre Worte färbten sich mit jener Intimität, die von zwei Menschen ausgeht, die sich mitten in der Nacht zu ungewisser Stunde über nichts Bestimmtes unterhalten.
(Aus: "Hoch hinaus")

Sie (die festangestellten Redakteure, Anm.) wissen nicht mehr als ein freier Mitarbeiter, sogar viel weniger. Sie können auch nicht so gut schreiben wie ein freier Mitarbeiter. Sie schöpfen häufiog noch nicht einmal das Halbwissen aus, das sie über eine Handvoll Themen besitzen, Aber sie sind auf der guten Seite geboren worden. Sie sind genetische Glücksfälle. Bei der Aufteilung der Schicksale haben sie es gut getroffen. So etwas kommt vor. Gott ist nicht ungerecht: Wären alle Menschen auf der Welt glücklich, gäbe es keinen Platz für die Literatur...
...Der ärgste Feind eines freien Mitarbeiters ist seine eitle Hoffnung, dass er es zu mehr bringen könnte. Und dennoch, es kommt immer wieder einmal vor. Das sind seltene Ausnahmen, nicht häufiger, als wenn Tote wieder lebendig werden. Und ähnlich wie bei Wiederauferstandenen ist ihr Erfolg zumeist ungewiß.
(Aus: "Er noddete mit dem Kopf")






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