Stefan Beuse

Kometen

Roman. Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln. ISBN: 3-462-02875-8

Stefan  Beuse: Kometen

Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.

Dieses Buch kaufen bei Amazon.de

Buy Stefan Beuse: Kometen at Amazon.com (USA)

Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.

Schon mit dem Kurzgeschichten-Band "Wir schießen Gummibänder zu den Sternen" (1997) bewies Stefan Beuse ein Faible für Himmelkundiges. Nun hat der 1967 geborene Hamburger nachgelegt: "Kometen" heißt sein Romandebüt, das beim Bachmann-Wettbewerb 1999 den "Preis des Landes Kärnten" erhielt - zu Recht, denn der Roman ist ein kunstvolles Stück Chaostheorie in Buchform: Er erzählt von den großen Wirkungen kleiner Ursachen, von fatalen Verknüpfungen und vom Zufall, der dabei Regie führt. Rund ein Dutzend Figuren hat Beuse in einen Plot verwickelt, den der Leser mit detektivischem Gespür zusammensetzen muss.

Der Aufbau ähnelt einem Triptychon: In den Flügelteilen tritt ein namenloser Ich-Erzähler auf, der den drohenden Verlust seines Augenlichts mit einer Foto-Manie kompensiert; im mächtigen Mittelteil ist er nur eine unter vielen Figuren. Anfangs lässt Beuse den in Sehnot Geratenen so unaufgeregt von seinem Leiden berichten, dass auch bedeutungsschwere Bilder unpathetisch wirken. Ein riesiges Reklame-Roulette etwa erscheint als Auge, bei dem "da, wo die Null ist, der Sehnerv ins Gehirn mündet": Eine Anspielung auf die Blindheit auch des besten Beobachters - und auf die Bedeutung des Zufalls, beim Glücksspiel wie beim Erzählen. Denn die Fügungen, die die Figuren ereilen, sind detailliert durchdacht und vielschichtig miteinander verwoben.

Eine dominante Rolle spielt dabei die Kommunikation via Internet. Im anonymen Datenkosmos können sich Informationen verselbstständigen und unkontrollierbare Kettenreaktionen auslösen - mitunter auch tödliche, wie ein im Chatroom "Paradies" arrangiertes "Black Date" mit einem Serienmörder zeigt. An anderer Stelle deutet eine Gruppe amerikanischer Jugendlicher eine harmlose E-Mail als verschlüsselte Botschaft - und findet eine Leiche im Wald.

Die einzelnen Geschehnisse sind stets weniger wichtig als die Art und Weise ihres Zustandekommens: Beuse geht es mehr um die Komplexität als solche als um ihre sozialen Folgeerscheinungen. Was übrigens nicht bedeutet, dass der profane Alltag unter den Tisch fällt: "Zu der ORAL-B-Zahnbürste benutzte sie MENTADENT-C-Zahncreme, und aus dieser Kombination leitete David ab, daß Maries Bekannte eine verdammt lausige Schauspielerin sein musste."

Wie die Charaktere macht sich auch der Leser, in sinnsuchender Komplizenschaft, sein Bild der Dinge: Mit kombinatorischem Kalkül muss er die Schnittmengen des Figurengeflechts ermitteln, das Vexierspiel der Perspektiven durchschauen. Dabei legt Beuse, der in einer ebenso nüchternen wie poetischen Prosa durch diesen Irrgarten führt, auch die ein oder andere falsche Fährte. "Kein Zweifel, da war etwas im Gang, dessen Dimensionen sie nicht einmal ahnte", erkennt eine Figur - und hofft auf "ein letztes Zeichen, einen Satz, der alles mit einem Mal klären würde".

Diese letzte Gewissheit herrscht auch am Ende nicht. Doch das Prosapuzzle ist stimmig, obwohl - oder weil - nicht alle Teile zusammenpassen. Denn der sich langsam abzeichnende Grundriss des Erzähllabyrinths zeigt deutlich genug, dass Beuse mit "Kometen" eine Art Masterplan des Zufalls geglückt ist: eine Gratwanderung zwischen Zufall und Zusammenhang, deren zunehmende Klarheit und Leuchtkraft in der Tat Kometencharakter hat. Denn je näher ein Komet der Sonne und damit seinem Ende kommt, "um so beeindruckender entwickelt sich seine Erscheinung".






Bücher neu und gebraucht
bei amazon.de

Suchbegriff:


eBay


Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de
Autor:
Titel:
neu
gebraucht

Ihr Kauf bei unseren Shop-Partnern sichert das Bestehen dieses Angebotes.

Danke.


Weitere Titel von und Rezensionen zu Stefan Beuse
Weitere Rezensionen in der Kategorie: Roman  



Partner-Shop: Amazon.de

Kometen Amazon.de-Shop
Stefan Beuse: Kometen

Partner-Shop: Amazon.com (USA)

Buy Stefan Beuse: Kometen at Amazon.com (USA)

carpe librum ist ein Projekt von carpe.com  und © by Sabine und Oliver Gassner, 1998ff.

Das © der Texte liegt bei den Rezensenten.   -   Wir vermitteln Texte in ihrem Auftrag.   -   librum @ carpe.com

Impressum  --  Internet-Programmierung: Martin Hönninger, Karlsruhe  --  19.06.2012