Stefan Beuse

Die Nacht der Könige

Roman. Piper Verlag, 212 Seiten. 17.90 EUR . ISBN: 3-492-04413-1

Winters Nacht
Stefan  Beuse: Die Nacht der Könige

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Doppelbödiges Spiel mit den Dimensionen von Schuld und Schicksal – Stefan Beuses „Die Nacht der Könige“

Eigentlich ist es nur ein Geschäftstermin. Für Jakob Winter, erfolgreicher Kreativdirektor einer Werbeagentur, bloße Routine. Doch das ungewöhnliche Verhalten des Unternehmenschefs Sebastian Korff bringt ihn völlig aus dem Konzept. Er glaubt, diesen Mann zu kennen, weiß aber nicht woher. Auch dessen junge Assistentin Lilly übt eine seltsame Anziehungskraft auf ihn aus.

Eigentlich geschieht nichts Außergewöhnliches am Anfang von Stefan Beuses Psychodrama „Die Nacht der Könige“. Doch vom ersten Satz an ist sie da, diese fast unerklärliche Spannung, die den scheinbar banalen Dingen und unauffälligen Gesten entspringt, diese heimliche Bedrohung, die wie ein schrill tremolierter Geigenton hinter allen Geschehnissen liegt. Und vom ersten Satz an ist der Leser sehr nah dran an der Hauptfigur Jakob Winter. Er weiß niemals mehr als Winter, wundert und ängstigt sich mit ihm und wird ihm – auch wenn er alle untergründigen Details zu durchschauen glaubt – in psychotische Wahnvorstellungen folgen. Das Gemeine daran: der Wahn könnte Wirklichkeit sein, das Grauen lauert – wie in einem Film von David Lynch – im Hinterhof nebenan.

Schon beim abendlichen Restaurantbesuch trifft Winter Korff und dessen Assistentin Lilly erneut. Was wie Zufall scheint, beginnt Winter zu beschäftigen. Er glaubt in Lillys Verhalten Zeichen zu erkennen, die darauf hindeuten, dass auf der Toilette eine Botschaft versteckt ist. Diesem absurden Gedanken nachgehend untersucht er Kabinen, Handtuchspender, Rohre – und findet: eine Videokassette. Weitere scheinbare Hinweise führen ihn in ein Landgasthaus im Wald, in dem ein Zimmer für ihn bereits vorbestellt ist. Diese Verstrickung von außergewöhnlichen Begebenheiten und Begeg-nungen einerseits und Winters zwanghaften Versuchen, alles als Kette von Zufällen abzutun andererseits, setzt sich zwei schwülheiße Sommertage fort. Bis Winter weitere Videokassetten zugespielt bekommt, die eine Gruppe von Männern zeigen, die ein nacktes Mädchen durch den Wald verfolgen. Außerdem begegnet ihm ein Mann, der mit ihm vor zehn Jahren an einem Managerseminar teilgenommen hat, das „Erkenne deine Ziele“ hieß.

Langsam dämmert es Winter. Gemeinsam mit einem Dutzend anderer Männer musste er fünf Tage bei Wasser und Brot in der Abgeschiedenheit einer Berghütte demütigende Psychospiele über sich ergehen lassen, die ihn laut Seminarleiter seinem wahren Ich näher brächten. Nur von der letzten Nacht, der entscheidenden, weiß er kaum etwas. Vor dem lang erwarteten Abschiedsessen waren die Teilnehmer in eine Art Rauschzustand versetzt worden – und schließlich in totaler Ekstase in den Wald hinausgerannt. An dieser Stelle reißt sein Erinnerungsfilm.

Winter ahnt, dass Korff der Seminarleiter von damals und Lilly der Schlüssel zur Lösung des Rätsels sein könnten. In einer Mischung aus Unsicherheit, Abenteuerlust, Angst und Begierde verfällt er dem rätselhaften Mädchen. Er schläft mit ihr und gerät zusehends in ihren Bann. Als er auf einem Videoband dann noch sich selbst erkennt, wie er mit verzerrtem Gesicht nackt und auf allen Vieren durch den Wald läuft, gerät seine Welt aus den Fugen: Er distanziert sich von seiner Familie und ist nun völlig auf Lilly fixiert, in der er seine Rettung sieht. Doch sie gibt vor, von all dem nichts zu wissen.

Spätestens hier geht der Text – bis dahin ein verschwörerischer Fiebertraum – in eine mörderisch-rasante Achterbahnfahrt über, wird das Pendeln zwischen Nichtwissen und Erinnern zum wahnwitzigen Flimmern der Angst. Immer weiter verwischen die Grenzen zwischen Täter und Opfer, Zufall und Schicksal, Einbildung und Wirklichkeit. Ist Lilly das Mädchen aus dem Video, verfolgt sie einen systematischen Racheplan? Soll Winter das nächste Opfer sein? Oder ist das alles nur die unterbewusste Psychose eines nichtwissenden Mittäters, ein post-traumatischer Ausbruch? Der Leser weiß es nicht, aber der Strudel zieht ihn an: Er ist gefangen in Winters Wahn.

„Die Nacht der Könige“ ist das beeindruckende Psychogramm eines Mannes, der auf den Spuren seiner Vergangenheit an die Abgründe seiner Existenz gerät. Ein Roman über den realen Alptraum, der hinter der spiegelglatten Oberfläche der Businesswelt lauert. Ein eindrucksvolles Spiel mit den Dimensionen von Schuld und Schicksal, dem man sich nicht entziehen sollte.






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